Fehlalarme durch Brandmeldeanlagen

Einsatzkräfte der Feuerwehren am Limit

Fehlalarme durch Brandmeldeanlagen sorgen zunehmend für Frust bei den Ehrenamtlichen – Heuer fast schon 70 Fälle

PilgerSimbach. Kaum hat Fabian L. am Donnerstagmorgen seinen Arbeitsplatz erreicht, geht auch schon der Piepser los. Genauso wie seine anderen Kameraden von der Feuerwehr lässt er alles stehen und liegen und eilt mit dem Auto ins Gerätehaus. Jetzt heißt es schnell umziehen, rein in die Schutzkleidung und schon geht es mit dem Einsatzfahrzeug mit Martinshorn und Blaulicht zum Einsatzort.

Im speziellen Fall löste die Brandmeldeanlage im Simbacher Krankenhaus aus. Der Rauchmelder im Keller hat angeschlagen – Feueralarm! Nach einigen Minuten sind die Einsatzkräfte vor Ort und gehen der Sache auf den Grund. Am Ende stellt sich heraus, dass bei Wartungsarbeiten im Untergeschoss feiner Staub den Alarm auslöste. Also keine Personen in Gefahr – ein typischer Fehlalarm.

Nun geht es zurück ins Gerätehaus und anschließend gleich wieder an die Arbeitsstelle. Fabian L. ist froh, dass er auf einen Arbeitgeber zählen kann, der nichts gegen ein unerwartetes Fernbleiben im Rahmen von Feuerwehreinsätzen einzuwenden hat. Allerdings müssen die eineinhalb Stunden selbstverständlich nachgearbeitet werden.

Angebranntes Essen und Staub als Auslöser

Nur zwei Tage später, ein ähnliches Szenario. Doch diesmal ist es 23 Uhr und die Brandmeldeanlage in der Asylbewerberunterkunft am Bahnhofsplatz hat angeschlagen. Und wieder spielt sich der gleiche Vorgang ab, wie zwei Tage zuvor. Als man der Ursache auf den Grund geht, stellt man fest, dass diesmal angebranntes Essen den Fehlalarm auslöste. Egal ob durch verkohltes Essen, Feinstaub durch Wartungsarbeiten oder auch bewusst herbeigerufene Fehlalarme – diese Einsätze sorgen bei den Ehrenamtlichen zunehmend für Frust.

Bei den so genannten Täuschungsalarmen, so der Fachbegriff für die Fehlalarme durch Brandmeldeanlagen (BMA), geht es nicht nur um Zeit und Geld, sondern auch darum, dass die ohnehin schon sehr geringe Einsatzstärke der Ehrenamtlichen dadurch noch weiter sinken kann, da man wieder umsonst unterwegs war. Besonders ärgerlich ist dies, wenn vorsätzlich oder aus Unachtsamkeit die Alarme ausgelöst wurden. Immer mehr Gemeinden und Stadtverwaltungen in Bayern gehen deshalb dazu über, bei wiederholten Fehlalarmen den Feuerwehreinsatz in Rechnung zu stellen. So können schnell 500 bis 1000 Euro für die betroffenen Firmen und Einrichtungen zusammenkommen.

Markus Pilger, Kommandant der Simbacher Feuerwehr, kann dies nur bestätigen. Laut seinen Angaben wurde die Simbacher Feuerwehr im Jahr 2016 bereits 30 Mal mit Stichwort "ausgelöste Brandmeldeanlage" zu verschiedenen Objekten im Stadtgebiet gerufen. Allerdings hatte es kein einziges Mal wirklich gebrannt. Den "Hauptbrennpunkt" stellt dabei das Postgebäude am Simbacher Bahnhofplatz dar, das seit Dezember 2015 als Unterkunft für bis zu 70 Asylbewerber dient. Seither kam es dort bereits zu 19 Falschalarmen durch die automatische Brandmeldeanlage. Ursache waren meist Zigarettenrauch oder angebranntes Essen.

Einsatzbereitschaft könnte schwinden

Für die Simbacher Feuerwehr werden diese häufigen Falschalarme immer mehr zum Problem: "Es finden sich zwar aktuell immer noch genügend freiwillige Feuerwehrleute, die auch nachts dafür aufstehen oder am Tag ihren Arbeitsplatz verlassen", erklärt Pilger. Er ist sich aber sicher, dass die Bereitschaft dafür schwinden wird, wenn die Serie an Falschalarmen nicht bald abreißt. Dabei kann er seine Kameraden voll verstehen. Rückt aber die Feuerwehr nicht mit voller Personalstärke, sondern nur unterbesetzt aus, dann kann sie bei einem echten Brand auch keine wirksamen Löschmaßnahmen ergreifen oder Menschen retten.

"Mit den vielen Falschalarmen verschlechtert sich so über kurz oder lang sogar die Sicherheit der Bewohner im Gebäude", befürchtet er. "Die eigentlichen Vorteile einer Brandmeldeanlage werden ad absurdum geführt, da der Sinn und Zweck einer BMA-Anlage eigentlich sein sollte, in sensiblen und besonders schützenswerten Gebäuden wie großen Industriebetrieben, Krankenhäusern, großen Pflegeheimen oder Versammlungsstätten bei Brandausbruch ein rasches Eingreifen der Feuerwehr zu ermöglichen. Eine Alarmierung durch eine Brandmeldeanlage stellt zudem einen qualifizierten Notruf dar. Die Feuerwehr ist daher verpflichtet immer von einem Ernstfall auszugehen und daher mit ausreichender Personalstärke und Sondersignalen (Blaulicht und Martinshorn) anzurücken, um den Brandalarm zu verifizieren", so Pilger. Im Simbacher Postgebäude wurde aufgrund der Nutzungsänderung durch ein Ingenieurbüro auch der Brandschutz überprüft und als Kompensationsmaßnahme eine automatische Brandmeldeanlage installiert.

Wie sieht es nun in der Nachbarstadt Pfarrkirchen aus? Auch hier kann Kommandant Stefan Niedermeier eine starke Zunahme in den letzten Jahren verzeichnen. Besonders ärgerlich waren die mutwillig ausgelösten Alarme im ehemaligen Schwesternwohnheim des Pfarrkirchner Krankenhauses. Im Jahr 2015 gab es insgesamt 23 und im laufenden Jahr bereits 18 Einsätze durch automatische Brandmeldeanlagen im Einsatzgebiet. Ähnlich wie in Simbach waren auch hier oft angebranntes Essen und gelegentlich Handwerker für die Auslösung des Alarms verantwortlich.

Niedermeier bedauert, dass dadurch die Motivation der Einsatzkräfte leider ständig sinkt: "Es ist nicht leicht zu vermitteln, dass ein Alarm durch eine Brandmeldeanlage zunächst wie eine Feuermeldung zu behandeln ist. Erst bei der Erkundung am Einsatzort kann ein Fehlalarm sicher bestätigt werden. Aus diesem Grund werden diese Einsatzstellen auch immer mit Sondersignalen angefahren, auch wenn es schon der dritte Alarm im gleichen Objekt innerhalb einer Woche ist. Man merkt nur, dass die Einsatzkräfte bei Alarm-Durchsagen mit Brandmeldeanlage nicht so zügig, bzw. zahlreich ausrücken. Teilweise entstehen auch durch viele Fehlalarme Probleme mit den Arbeitgebern der Einsatzkräfte, die diese nicht mehr während der Arbeitszeit ausrücken lassen."

In dieser Situation ist auch zu bedenken, dass die Feuerwehr während dieser Einsätze nicht für andere, meist dringendere Einsätze bereit steht. Neue Feuermelder könnten die Lage künftig etwas entspannen. Mittlerweile biete die Industrie spezielle Geräte an, die durch ein lautes Pfeifen das bevorstehende Einschlagen der Glasscheibe und Drücken des Alarmknopfes signalisieren. Dies soll den Auslöser auf die Alarmauslösung aufmerksam machen.

Zahlreiche Alarme in Asylunterkünften

Genaue Zahlen über die BMA-Alarme kann auch Kreisbrandrat Johann Prex vorlegen. Demnach gab es im Landkreis im Jahr 2015 70 Alarme, davon 19 in Asylunterkünften. Bis zum 31. Juli 2016 konnten bereits 66 BMA-Einsätze verzeichnet werden, dabei gingen 30 Meldungen von Asylunterkünften aus. Aus einer Einsatzstatistik der Feuerwehren für Bayern geht hervor, dass es 2015 im Freistaat rund 18500 Brandmeldeanlagen gab, diese verursachten 18000 Fehlalarme.

Für die Verantwortlichen der Polizei ist die Sachlage eindeutig. Sie müssen alle eingehenden Alarme gleich behandeln und auch gleich professionell abarbeiten, für sie gibt es keine Unterscheidung, ob es sich um einen Echt- oder Fehlalarm handelt. Allerdings werden nach Angabe der Polizei bewusst herbeigeführte Fehlalarme strafrechtlich verfolgt.

Bildtext:    Simbachs Kommandant Markus Pilger vor einer Brandmeldeanlage. Er beklagt, dass die Einsatzkräfte oft durch falsche Alarme unnötig ausrücken müssen.

Bericht:       PNP vom 27.09.2016

Autor und Foto:  Walter Geiring

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